Forschungsschwerpunkte
1972-1978 Lokale Beamtenfamilien im südlichen Teil des Herzogtums Berg im 17. und 18. Jahrhundert.
(Sammelband)
Detaillierte genealogische Untersuchungen der bürgerlichen Beamtenfamilien zwischen Agger und Sieg im 17. und 18. Jahhundert ergaben,
dass diese Familien hochgradig miteinander versippt waren. Sie bildeten ein Netzwerk, dass ihnen über Generationen hinweg den Zugriff
auf die Beamtenstellen der untersten Verwaltungsebene sicherte. Die Forschungen ließen erkennen, dass die Familien durchaus nicht als
sozial homogen bezeichnet werden können, da einerseits durchweg eine soziale Mobilität nach unten in den Kleinbauern- und Kleinhandwerkerstand
und andererseits in mehreren Fällen ein Aufstieg in die mittlere Verwaltungsebene zu sehen ist.
Die in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren an verschiedenen Stellen veröffentlichten Stammtafeln dieser niederen Beamtenfamilien
wurden 2023 in einem Sammelband zusammen gefasst.
1979-1984 Grundlagen der Modernen Physik. (Veröffentlichungen)
International Symposium of Quantum Logik (Köln 1984)
v.l.: Strohmeyer, Busch, Mittelstaedt, dann hinten: v. Weizsäcker, Lahti, Stachow, Burghardt, Berner; vor Burghardt: Finkelstein
In den 1930er Jahren wiesen Birkhoff und v. Neumann auf die logischen Probleme hin, die sich aus der Ungültigkeit des Tertium-non-datur
in der damals neu entstandenen Quantenphysik ergeben. In Zusammenarbeit mit C. F. v. Weizsäcker schlug Mittelstaedt bereits 1960 vor,
die Quantenlogik - also ein formallogisches System ohne Tnd - mit Hilfe der Begriffe "möglich" und "unmöglich" zu formulieren.
Dabei wurde auch die Unanwendbarkeit der Kantischen vollständigen Objektivierbarkeit bei quantenphysikalischen Objekten herausgestellt.
Im Gegensatz zur axiomatischen Logik, wie sie insbesondere durch die Principia Mathematica gefördert wurde, schlugen die Konstruktivisten
Lorenzen und Lorenz die Verwendung von Regeln für einen wissenschaftlichen Dialog vor, um die logischen Verknüpfungen so mit einer
einsehbaren Semantik zu versehen.
1985-1992 Die bürgerliche Führungsschicht in den pfalz-neuburgischen Herzogtümern am Niederrhein. (Veröffentlichungen)
In den 1960er Jahren wurden in Deutschland zahlreiche regionale Forschungen über die Entwicklung der neuzeitlichen Führungsschichten
durchgeführt. Dabei stand die Frage im Vordergrund, in welchem Maße es unterprivilegierten Schichten möglich war, soziale Schranke
zu überwinden. Insbesondere stellte sich die Frage, wie der sich herausbildende frühmoderne Staat den Aufstiegswillen bürgerlicher
Kreise für seine Zwecke, also zur Sozialdisziplinierung seiner "Untertanen" zu funktionalisieren wusste. Die Rolle der bürgerlichen
Beamten als "Kommissare" ist für die Auseinandersetzung mit dem ständischen Adel in der Zeit des Absolutismus von besonderem Interesse.
Frühere Untersuchungen im südlichen Bergischen Land hatten ergeben, dass Bürgerliche bereits in der Mitte des 16. Jhds. die Grenze zum Adel nicht
mehr durch den Kriegsdienst bei gleichzeitiger Steuerbefreiung ihres Grundbesitzes überwinden konnten. Spätestens seit 1600 führte nur
ein Fürstendienst, i. d. Regel als Beamte, zu einem langsamen Aufstieg, der nach mehreren Generationen in der Nobilitierung enden konnte.
Eine juristische Ausbildung war zwar grundsätzlich erforderlich, im Verlaufe des 17. Jhds. nicht aber mehr eine Promotion zum Dr. jur. utr.,
die vor 1600 noch als adelsgleich angesehen wurde. Eine Verlagerung der Residenz und die damit verbundene Auflösung des Hofstaates führten
zu einer Stagnation der sozialen Mobilität.
Johannes Kunisch, Professor für Neuere Geschichte an der Universität zu Köln, gehörte in den 1970er und 80er Jahren
zu den Historikern, die im Rahmen der "Büdinger Vorträge" auf die besondere Bedeutung der bürgerlichen Beamten bei der
Entstehung des frühmodernen Staates hinwiesen.
1995-1999 Zuwanderung nach Deutschland. (Webseite)
Infolge der tiefgreifenden inneren Reformen in Rußland, dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in der Sowjetunion und
dem Fall der Mauer in Deutschland kam es seit 1989 zu einer erheblichen Zuwanderung, die sofort zu teilweise erheblichen sozialen
Konflikten führte. Die dabei entstandenen polemischen Diskussionen benutzten je nach Standpunkt ein völlig verschiedenes,
unkritisch aufgegriffenes Zahlenmaterial.
Da öffentliche Stellen keine umfassende und für jedermann klar verständliche Statistik über Ausländer zur
Verfügung stellten, wurde im Rahmen eines pädagogischen Projekts "gegen Extremismus" eine objektive Übersicht zu diesem
Thema hergestellt und im Internet veröffentlicht. Auch 30 Jahre nach der Erstveröffentlichung steht die Internetseite "Ausländerstatistik"
bei Google unter den ersten zehn nicht gesponserten Treffern,
wenn man z. B."Ausländer Statistik" eingibt. Und dies, obwohl sie seit vielen Jahren nicht mehr aktualisiert wird.
2000-2011 Das Rheinland und Brandenburg-Preußen 1580-1630. (Veröffentlichungen)
Die Entstehung des Territorienkomplexes Brandenburg-Preußen-Kleve-Mark im frühen 17. Jahrhundert und damit der Aufstieg des Hauses Hohenzollern
zu einer Mittelmacht ist eng verbunden mit den konfessionellen Konflikten jener Zeit, die zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges führten.
Damit verbunden war der Untergang der alten Reichsverfassung durch das machtpolitisch blinde Vorgehen radikaler Calvinisten, die Abwendung
der lutherischen Reichsstände vom Kaiser und dessen Streben nach der alleinigen Vormacht des katholischen Glaubens im Reich.
Bereits in den Jahren vor dem Ausbruch dieses großen Krieges wurde der brandenburgische Kurfürst Johann Sigismund durch die konfessionelle Vielfalt
in den Territorien, die seine Frau als Erbin der Herzogtümer Preußen, Jülich, Kleve und Berg eingebracht hatte, in diesen sich aufschaukelnden Konflikt
verwickelt, denen er wegen seiner menschlichen Schwächen in keiner Weise gerecht werden konnte. Auch seinem Sohn Georg Wilhelm fehlte es an der
erforderlichen Durchsetzungsfähigkeit und Intelligenz. So wurde die Politik in Berlin bis 1640 weitgehend durch den Geheimen Rat bestimmt, in dem der
aus dem Rheinland stammende Katholik Adam von Schwarzenberg eine herausragende Rolle spielte, dessen "rechte Hand" bis 1625 der Jurist Nikolaus
Langenberg war, der sich auch "Geheimer Rat der Königin von Frankreich" nannte.
Seit 2003 wurden die Aktivitäten Langenbergs ausführlich untersucht, wobei durch seine Schriften und seinen Briefwechsel mit Schwarzenberg auch
Einblicke in die politische Denkweise am Niederrhein gewonnen werden konnten, die maßgeblich von einer erasmischen Toleranz geprägt war.
In weiter gehenden Untersuchungen auf der Grundlage neuerer regionaler Studien wurde gezeigt, dass die Konversion des Kurfürsten Johann Sigismund
1614 zum Calvinismus nicht das Ergebnis eines längeren inneren Ringens, sondern lediglich Ausdruck seiner Nachgiebigkeit war, der in seinen
Territorien keine "Zweite Reformation" zur Folge hatte.
2010-2020 Deutsche Gegenspionage zur Sicherung der V1-Abschussrampen (Veröffentlichungen)
Die Entwicklung und der Einsatz von weit reichenden Flugbomben gehörte in der Endphase des Zweiten Weltkrieges zu den streng geheimen Rüstungsprojekten
der Wehrmacht. Für den Einsatz dieser "Vergeltungswaffe" V1 gegen Südengland, insbesondere gegen London, wurden in den nordfranzösischen Departements
Nord und Pas-de-Calais zahlreiche Abschussrampen errichtet, deren Lage von Widerstandsgruppen (Resistance) ausspioniert und der britischen Royal Air Force
gemeldet wurde, die dann gezielt die Rampen zerstören konnte.
Um diese Aktivitäten der Resistance möglichst auszuschalten, baute die Wehrmacht ein spezielles Netz von Agenten auf, die - auch mit Hilfe zahlreicher
französischer und belgischer Kollaborateure - verdeckt in die Resistancegruppen eindrangen. Detaillierte Untersuchungen in den Akten zahlreicher
europäischer Archive (u. a. Pullach, Freiburg, Brüssel, Paris, Vincennes, Le Blanc, Lille, Kew/London) zeigten, dass die deutschen Agentenführer
bestimmte persönliche Merkmale aufwiesen, durch die sie in besonderer Weise für ihre Tätigkeit geeignet waren. Dazu gehörten u. a. eine sehr hohe
Sprachbegabung und außergewöhnliche Kaltblütigkeit bei verdeckten Einsätzen.
Der auch von französischer Seite anerkannte Erfolg dieser deutschen Gegenspionage konnte insbesondere am Beispiel des Ehepaares
Kaiser-Burnod aufgezeigt werde. Edmond Kaiser - später Gründer der weltweit bekannten Hilfsorganisation "Terre des Hommes" - hatte sich blauäugig
als Mitglied einer Pariser Resistancegruppe einem verdeckt agierenden deutschen Agenten anvertraut und ihm sogar seine Ehefrau Elisabeth Burnod
als Mitarbeiterin an der Kanalküste angedient. Das Ehepaar wurde so durch die nahezu perfekte Täuschung deutscher Agentenführer - zu Kollaborateuren,
wohl wider besseres Wissen.
2020-2024 Sprache und "Welt"(Veröffentlichungen und Manuskripte)).
Wohl erstmals in den "Bekenntnissen" des Augustinus wurde anhand des Wortes "Zeit" die Frage aufgeworfen, ob durch den ständigen Gebrauch eines Wortes
diesem ein Sinn zugesprochen wird, den es bei kritischer Betrachtung nicht hat. Im Neoempirismus des Wiener Kreises führte dies bekanntlich zu einer
"Entrümpelung der Sprache" durch eine künstliche Eliminierung derjenigen Worte, die keinen klar definierten Inhalt besitzen. Heute gehört es - den
Überlegungen Wittgensteins in seinen "Philosophischen Untersuchungen" folgend - zum Grundwissen jedes Sprachwissenschaftlers, dass der Sinn eines
Wortes durch seine Verwendung in einer konstruktiven Kommunikation festgelegt wird. Jede sprachliche Kommunikation bedarf zudem einer Syntax und einer
Semantik.
Diese Überlegungen führten und führen weiterhin zu kontroversen Diskussionen, auch bei Grundlagenforschern in der Physik, wo nicht nur seit Einstein
Worte wie "Raum" und "Zeit" mit ihrem vermeintlichen Inhalt äußerst umstritten sind. Auch die Quantenmechanik trug dazu bei, scheinbar Selbstverständliches
wie "Kausalität" und "Individualität" prinzipiell in Frage zu stellen. Die modernen Theorien der Physik haben jedenfalls offen gelegt, dass ein "Weltbild"
ein Konstrukt ist, dessen sprachliche Formulierung Bedingungen unterworfen ist, deren Mißachtung zu tiefgreifenden Unverständnis führt. In der Physik
scheint es derzeit so, dass die Vorstellung von der "Existenz einer vom Menschen unabhängigen Welt" nicht haltbar ist; andererseits ist aber die Reduktion
von "Welt" auf eine zu ordnende Menge von "Tatsachen" - vielleicht im Sinne von Wittgensteins "Tractatus" - höchst unbefriedigend.