Die alte Schule
in Köln-Brück



Rechts das Schulgebäude aus dem frühen 19. Jahrhundert (heute Restaurant Halm), links im Hintergrund der vierklassige Neubau von 1874.




Schon kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg sind Lehtrer in Brück nachweisbar: 1663 beginnt mit Wilhelm von Kottenscheid die Reihe der Vikare in Brück, zu deren Aufgabe die Erteilung von Unterricht gehörte. 1672-1691 wird "Magister" und "Schulmeister" Wilhelm Odenthal genannt, der mit einer Frau von Kottenscheid verheiratet war.

Als die königliche Domäne Gräfenhof privatisiert wurde, baten die Brücker Bürger um 1820 darum, ein Grundstück an der Olpener Straße aus dem Gratenland dieses Hofes abzutrennen. Dort wurde dann auch die heute noch erhaltene "alte Schule" als Fachwerkhaus errichtet. Das Gebäude drohrte um 1990 völlig zu zerfallen, wurde aber durch das Ehepaar Halm vorbildlich restauriert.
1873/74 wurde wegen der stark gestiegenen Kinderzahl ein vier Klassen umfassender Backsteinbau errichtet, der noch heute von der katholischen Grundschule genutzt wird.
Dr. Franz Josef Burghardt



Aus der Chronik der alten Brücker Volksschule
von Winfried Dohm


Die schriftlichen Aufzeichnungen über die Entwicklung der Schule in Köln-Brück reichen weit zurück. Ein Totenzettel vom 20. August 1842 berichtet, daß ,,Der ehrwürdige Herr Mathias Jeleneck, Lehrer zu Thurn, in Merheim" anno 1795 für ein Jahr als Lehrer in Brück tätig war.
Die eigentliche Chronik beginnt mit einer Aufzeichnung des Lehrers B. Schlinkhoven, der berichtet, daß er am 16. November 1844 von der Königlichen Regierung als Lehrer in Brück angestellt worden ist. Die Zahl der Schüler betrug 140, die Schule war einklassig.
Er berichtet darüber, daß die Schülerzahlen in den folgenden Jahren stiegen, so daß ihm ein Präparand, also ein Lehramtsanwärter, als Hilfe zur Seite gestellt wurde. Interessant auch das Gehalt eines Lehrers. Es betrug damals 220 Taler, das des Präparanden 60 Taler.

Im Jahre 1873 wurde der Grundstein für den Backsteinbau mit vier Klassen gelegt, da die Schülerzahl sehr stark angestiegen war.

Am 16.11.1874 erfolgte die Einweihung des Schulgebäudes mit einem Gottesdienst. Kreisschulinspektor Dr. Küppers übergab das neue Gebäude und fand lobende Worte über die Gemeinde, die ein solch schönes Gebäude errichtet habe, berichtet die Chronik.
Schon 1876 gab es Kirmesmontag frei. Der ausgefallene Unterricht mußte allerdings nachgeholt werden. An anderer Stelle heißt es: ,,Am Tag nach der 1. HI. Kommunion ist nicht schulfrei. (Verfügung der Königlichen Regierung zu Cöln)".
Am 1. August 1879 übernimmt ein Lehrer Forst aus Lohausen, Landkreis Düsseldorf, die erste Lehrerstelle; die zweite Stelle wird von einem Präparanden, namens Johann Müller, aus Brück, übernommen.
,,Auf regelmäßigen Schülerbesuch am nachfolgenden Tag ist streng zu achten, um die Auswirkungen der Kirmessen überhaupt zu beschränken", berichtet die Chronik.
Offensichtlich noch als Nachwirkungen des Kulturkampfes ist eine Eintragung von 1890 zu verstehen:

Am 21. Januar 1893 vermerkt die Chronik, daß Pfarrer Büttgen von der Königlichen Regierung zu Cöln zum Lokalschulinspektor über die Schule zu Brück ernannt wird. Der Ortsschulinspektor nahm auch die Versetzung der Schüler von einer Klasse in die nächste vor. So stiegen im Jahre 1895 24 Kinder aus der Mittel- in die Oberstufe, 31 aus der Unter- in die Mittelklasse.
Wer das entsprechende Alter hatte, mußte sich zur Entlassungsprüfung melden. Es war allerdings auch möglich, einen Antrag auf vorzeitige Entlassung zu stellen. So berichtet unsere Chronik aus dem Jahre 1896, daß 11 Kinder das Alter zur Entlassungsprüfung hatten und 2 weitere den Antrag auf vorzeitige Entlassung gestellt hatten, von denen allerdings nur einer befürwortet wurde.
Das schriftliche Thema der Entlassungsarbeit hieß: ,,Lebensweise des Apfelwicklers." Für das damalige Dorf Brück mit seiner landwirtschaftlich orientierten Bevölkerung sicher ein interessantes Thema.

Am 1. April des Jahres 1898 erfolgt eine neue Ferienordnung für die Rheinprovinz. Die Osterferien dauern jetzt bis Dienstag, nach Weißen Sonntag. Ende November 1899 herrschte in Brück eine schlimme Masernepedemie. Per Erlaß des Kaisers wird der Jahrhundertwechsel am letzten Schultag des Jahres feierlich begangen. Alle nicht erkrankten Kinder werden deshalb vor Beginn der Weihnachtsferien in der Schule zu einer Feier versammelt, denn die Schule war vom 7. Dezember bis einschließlich 1 - Januar 1900 geschlossen.
Im Kaiserreich gab es zahlreiche Anlässe, die auch in der Schule feierlich begangen wurden. So begann am 22. März 1897 eine 34ägige Feier aus Anlaß des 100. Geburtstages Kaiser Wilhelm des Großen: ,,Um den Schülern gut im Gedächtnis zu bleiben, wurde eine fotographische Aufnahme von allen Schülern gemacht". Leider ist die Aufnahme in der Schule nicht erhalten.
Regelmäßige Feiertage in der Schule waren der 15. Juni, als Todestag Kaiser Friedrich des III., der 18. Oktober als Geburtstag Kaiser Friedrich des III, sowie der 27. Januar als Geburtstag seiner Majestät Kaiser Wilhelms.
Das Entlaßprotokoll vom März 1904 berichtet, daß nach abgenommener Entlaßprüfung durch den Herrn Bürgermeister Bensberg sowie Lokalschulinspektor, Pfarrer Büttgen und Schulvorstandsmitglieder Malmede und Odenthal die entlassenen Knaben eine Belehrungskarte über den Alkohol, die ein Handwerk lernen wollten, ein Exemplar der Vorschriften der Handwerkskammer Cöln über Ablegung der Meisterprüfung und Führung des Meistertitels erhielten.

In den Jahren 1905 und 1906 erfolgte ein starker Zuzug nach Brück. Dadurch waren einzelne Klassen z.T. bis auf 93 Schüler angewachsen!
Der Antrag des Schulvorstandes an die Königliche Regierung, um Einrichtung einer 4. Klasse wurde mit Beginn des Schuljahres 1906107 genehmigt.
In der Oberstufe erfolgte jetzt eine Trennung nach Geschlechtern. Die entstandene neue Mädchenklasse wurde ,von Fräulein Katharina Urmeister geleitet, die, wie es in der Chronik heißt, ,,seit ca 25 Jahren zur größten Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten die Unterklasse verwaltet hatte".
Am 16. Mai d. Js. feierte sie ihr 25-jähriges Dienstjubiläum in Brück. Aus diesem Anlaß brachte ihr am 20. Mai der Kirchenchor Cäcilia, der fast ausschließlich aus Schülern der Jubilarin bestand, eine Serenade. Am Morgen hatte ein Hochamt mit Festpredigt stattgefunden. Danach ehrten Schulvorstand, Lehrpersonen, Schulkinder und ehemalige Schülerinnen bzw. der Marienverein mit Liedern, Gedichten und Sprüchen unsere Jubilarin, wie die Chronik vermerkt.

Wie stark die Bindung von Kirche und Schule ist, geht daraus hervor, daß aus Anlaß des Goldenen Priesterjubiläums Pius X. der Hauptlehrer Hardt und die Lehrerin Urmeister eine Pilgerfahit nach Rom unternahmen.

Auch das Sparen hat in Brück schon eine lange Tradition. Der Chronist vermerkt unter dem 20. Juni 1920 die Eröffnung der Schulsparkasse: ,,Jede Lehrperson übernimmt in ihrer Klasse das Ehrenamt des Sammlers, der Hauptlehrer zusätzlich das Amt des Sparleiters der ganzen Schule. Die Spargelder sind an die Sparkasse des Landkreises Mülheim am Rhein abzuführen."
Die Chronik vermerkt auch, daß am Mauspfad am 4. Juni 1910 die Eröffnung des ,,Kaiser-Wilhelm-Schießplatzes" im Beisein von Vertretern der Zivil- und Militärbehörden stattfindet.

Auch damals gab es schon Schulausflüge. Am 5. Juli veranstalteten die beiden ersten Klassen einen Ausflug zum Siebengebirge. Sie benutzten die Eisenbahn von Kalk bis Niederdollendorf bzw. Königswinter. Die Knaben gingen von Niederdollendorf zu Fuß über die Ruine Heisterbach, Petersberg nach Königswinter. Nach kurzer Rast und Stärkung Weitermarsch über den Drachenfels bis Rhöndorf. Von hier aus erfolgte die Rückfahrt mit dem Motorboot nach Königswinter. Die Mädchen klasse machte von Königswinter aus denselben Weg nach Rhöndorf und ging zu Fuß am Rhein vorbei nach Königswinter, von wo beide Klassen gemeinsam die Rückreise antraten. Gegen 1/2 9 Uhr abends war man wieder Zuhause.

Auch von Unwettern berichtet unsere Chronik. Am 22. Juli abends gegen 9.oo Uhr wurde unser Ort und seine nähere Umgebung von einem fürchterlichen Hagelgewitter heimgesucht. In ca. 2 Minuten waren fast sämtliche Garten- und Feldfrüchte vernichtet.

Im Jahre 1912 ist Pfarrer Büttgen 25 Jahre in Brück.
Unter einer Eintragung vom 19. Oktober lesen wir, daß morgens Schule und Vereine an einem Dankhochamt mit Te Deum als Jahrhundertfeier der Völkerschlacht zu Leipzig gedachten. Abends wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ein Freudenfeuer auf der Brücker Heide abgebrannt. Die Presse berichtet über dieses Ereignis, daß der Hauptlehrer Hardt eine ,,von warmer Vaterlandsliebe getragene Festansprache" hielt.
Offensichtlich gab es damals einige Wenige. die damit nicht einverstanden waren. Die Presse entrüstete sich über die Aussprache von Zaungästen, ,,seht, da maachen se Freudefürche für duusende Duude" (tausende Tote).

Die Mobilmachung des Jahres 1914 geht auch an der Schule nicht spurlos vorüber. Truppentransporte ziehen durch Brück und lassen den Krieg ahnen. Nach Schulbeginn am 21.8. war teilweise nur halbtags Unterricht, weil zwei der vier Klassenräume militärisch belegt waren.
Am 19.9. ist der erste Gefallene der Gemeinde zu beklagen: Robert Oberbusch, ein Schüler des Chronisten Hardt. Gemäß Vorschrift der Unterrichtsbehörde soll der gesamte Unterricht dem Geiste der Zeit Rechnung tragen. Am 11.11.1914 muß sich Hauptlehrer Hardt zum Heeresdienst stellen. Interessant auch die zusätzlichen Aufgaben der Lehrer.
So mußte der Unterricht am 15. und 16.3.1915 ausfallen, da das Lehrpersonal zur Zählung der Schweine, Kartoffeln und Mehlvorräte eingesetzt war. So hat denn auch der Krieg die Schule erfaßt.
Gemäß Verfügung der Königlichen Regierung zu Cöln vom 27.2.1915 sind alle größeren Siege auf Anordnung des Herrn Oberbürgermeisters am folgenden Schultag durch Beflaggung und mit einer Schulfeier zu begehen. Der Unterricht fällt danach aus. Die Ferien werden jetzt so gelegt, daß sie als Ernte- und Kartoffelferien genutzt werden können. Mit Rücksicht auf die bedrängte Lage der Landwirtschaft werden Kinder verstärkt als Erntehelfer eingesetzt.
Ab 1916 beginnen Frühstücksausgaben an bedürftige Kinder, in Brück immerhin 23 Knaben und 22 Mädchen. Als Ursache für die schlechte Kartoffelernte d. Jd. gibt der Chronist an, daß teilweise Mangel an Kunstdünger geherrscht habe, der bisher aus dem Ausland kam und daß es an gutem Saatgut und an Arbeitskräften gemangelt habe. Als Folge davon erhalten die Bewohner Cölns pro Kopf und Tag nur noch 1 Pfd., statt bisher 1112 Pfd Kartoffeln und als Ersatz Steckrüben und Möhren.
Die Preise für Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände sind um das 2 - Sfache gegenüber der Vorkriegszeit gestiegen, vermerkt der Chronist.
Auf Anordnung beginnt der Unterricht erst um 9. Uhr, um Licht und Brennstoff zu sparen. Vom 17. Februar bis 19. März bleiben in Cöln Schulen, Museen und Theater geschlossen, um Energie zu sparen. Die Kinder müssen allerdings täglich morgens zur Schule kommen, um sich Hausaufgaben abzuholen, die allerdings nicht zu umfangreich sein sollten. An jedem Nachmittag - außer mittwochs - findet zwischen 2 und 5 Uhr ein sogenannter Belehrungsausflug statt. Kosten dürfen dadurch allerdings nicht entstehen!

Am 12.4.1917 erfolgt ein Herabsetzung der Brotration von wöchentlich 1750 g auf 1500 g. Die Pfarrgemeinde mußte von 2 Kirchenglocken die größere abgeben.

Im Oktober wird Verdunkelung und geordnetes Verlassen der Klassenräume bei Herannahen feindlicher Flieger geübt. Der erste Fliegeralarm ist unter dem 6.6.1918, um 8.36 Uhr verzeichnet. ,,Die Kinder begeben sich in den Keller. Koblenz wird bombadiert." Die Schüler werden zu umfangreichen Sammelaktionen eingesetzt.
So sind die Schulkinder für die Einsammlung der ,,Ludendorf-Spende" für Kriegsbeschädigte eingesetzt. Ebenfalls muß Altmaterial durch die Schüler gesammelt werden. Sie erhalten dafür Wertmarken in Sparbüchern.
Der Chronist vermerkt unter dem 8.19.11.1918 ,,Umwälzungen haben sich in Cöln vollzogen nach dem Vorbild der russischen Revolution". Sie waren unblutig, allerdings hatte es Plünderungen gegeben. Von der Militärregierung wird das Lehrpersonal wiederum zu Arbeiten herangezogen; so muß am 18.12.1918 das Lehrpersonal für die Bevölkerung Personal- und Nachtausweise auf Anordnung der Militärbehörde ausfertigt.
Ein Saal der Schule wird als Schreibstube und später als Lagerraum mit neuseeländische Soldaten belegt.
Sorgfältig vermerkt unser Chronist auch, daß ab 8.2.1919 Cöln zukünftig mit ,,K" zu schreiben ist.

Unter dem 5.3.1920 wird in unserer Chronik erwähnt, daß es eine Wahl von 5 Mitgliedern zum Elternbeirat gab. Es wurden 4 Anhänger der ,,Christlichen Konfessionsschule" gewählt und 1 der ,,Freunde der Einheitsschule".
Am 14.3. findet eine Feier für die aus Kriegsgefangenschaft zurückgekehrten Brücker statt.
Am 24.8. feiert Pfarrer Büttgen sein Goldenes Priesterjubiläum. Am 12.9. kehrt der letzte Kriegsgefangene, Peter Höck, aus Sibirien zurück.
Ab 1921 gibt es Quäkerspeise für Unterernährte.
Am 17.19.1921 besucht seine Eminenz, Kardinal Erzbischof Dr. C. J. Schuite zur Firmung Brück und besucht bei dieser Gelegenheit auch die Schule. Die Kinder wurden von ihm in Religion einer Prüfung unterzogen. ,,Mit Kirche und Schule höchst befriedigt, verließ seine Eminenz den Ort".

Am Schulfrühstück nehmen jetzt 20 Kinder teil. Es gibt ein 1/4 1 Getränk, das sich zusammensetzt aus je 25 g Kondens-Vollmilch und 15 g Schokoladenpulver und einem Weißbrötchen aus 50 g Mehl und 4 g Fett, wie unser Chronist penibel bemerkt. Die Lebenshaltungskosten seien mittlerweile auf das 11 0-fache der Vorkriegszeit gestiegen, beklagt unsere Chronik. Viele Anträge auf Beurlaubung, um bei der Kartoffelernte zu helfen, werden gestellt.
Wegen Kohlenmangels schließt die Schule 4 Tage früher, als bisher.
Als Zeichen der Teuerung führt der Chronist die einzelnen Ausgaben für die Beschaffung von Lehr- und Lernmittel an.


© dtb 1999