Das „Hospital zu Brück“

Eine frühe Sozialeinrichtung für Arme und Kranke

 

 

von Dr. Franz Josef Burghardt

 

 

Bis zur Einführung der allgemeinen Renten- und Krankenversicherung durch Reichskanzler Bismarck vor 120 Jahren hatte jeder selbst für seine Altersvorsorge aufzukommen. Wer wohlhabend war, konnte von seinen Ersparnissen leben oder verkaufte, wenn es nötig war, Grund und Boden. Für die meisten Menschen aber galt die Regel: Wenn du keine Kinder hast, die dich im Alter versorgen, wirst Du arm. Wer sein Alter nicht im Haus seiner Kinder verbringen konnte oder kinderlos nach jahrzehntelanger Arbeit als Knecht oder Magd ein Gnadenbrot erhielt, war auf Almosen angewiesen und im Krankheitsfall auf die Fürsorge durch Ordensschwestern. Schwer zu bezahlen waren für viele auch Arztbesuche und Medizin, besonders dann, wenn mehrere Kinder erkrankten und einfache Hausmittel nicht mehr halfen.

 

Um diese Not zu lindern, entstanden in vielen Gemeinden vor etwa 400 – 500 Jahren sogenannte „Armenstiftungen“: Zunächst vermachte eine wohlhabende Person - häufig eine reiche kinderlose Witwe – einen ansehnlichen Teil ihres Vermögens der Pfarrgemeinde mit der Auflage, die jährlichen Einnahmen aus diesem Vermögen den Armen in der Gemeinde zukommen zu lassen. In den dann folgenden Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten konnte das ursprüngliche Stiftungsvermögen durch Zuwendungen weiterer Personen zum Teil beträchtlich erhöht werden. Verwaltet wurde das Stiftungsvermögen durch einen sogenannten „Armenprovisor“, einen angesehenen Mann aus der Gemeinde.

Bestand die Stiftung aus Geld, so verlieh der Armenprovisor Geldbeträge an Gläubiger, die dafür jährlich Zinsen zu zahlen hatten. Immobilien wurden verpachtet und konnten entweder jährliche Einnahmen in Form von Pachtzins oder als Naturalabgaben erbringen. Der Provisor gab zu bestimmten Terminen, z.B. Weihnachten, Ostern und Pfingsten, kleine Geldbeträge oder auch Brot an die Armen der Gemeinde. Häufig bezahlte er auch Rechnungen für ärztliche Behandlungen und Medikamente.

 

In Brück, das vor 18..  zur großen Pfarrgemeinde Merheim gehörte, gab es eine Armenstiftung ganz besonderer Art, weil diese neben den Kapitaleinkünften über ein Haus in Brück verfügte, in dem alte und mittellose kranke Menschen Unterkunft fanden; dieses Haus nannte man schon im 16. Jahrhundert „Hospital“. Wahrscheinlich war es das Eigentum einer Catharina Coenen, die 1439 ihr Haus in Brück mit einigen Grundstücken der Pfarrgemeinde Merheim

zugunsten der Armen und „vorzüglich zur Pflege armer siecher Pilgrime“ übereignete.

Diese Armenstiftung ist erstmals sicher belegbar im Jahr 1550, als der Landesherr, Herzog Wilhelm der Reiche von Jülich-Kleve-Berg eine Auflistung aller kirchlichen Einrichtungen, eine sogenannte „Kirchenvisitation“, anordnete. Über die Verhältnisse in Merheim hatte der Amtmann von Bensberg-Porz, zu dessen Amtsbezirk Merheim und Brück jahrhundertelang gehörten, zu berichten. Darin heißt es: „Zu Brugge ist ein Hospitaill und gibt der amptman bericht, dass fleissig ufsehens uf die renten geschicht und erbarlich under den husarmen uisgedeilt werden.“ Der Amtmann gibt also zu verstehen, dass die Einnahmen („Renten“) der Stiftung sorgfältig kontrolliert und an die „Hausarmen“ verteilt werden.  

 

Um 1630 fertigte der Merheimer Pfarrer Johann von Langenberg, der auch Dechant der „Christianität Deutz“ war, ein umfangreiches Verzeichnis aller Einkünfte seiner Pfarrei an, das noch heute im Pfarrarchiv zu Merheim aufbewahrt wird. In diesem Lagerbuch findet man auch zwei umfangreiche Übersichten über die zum Hospital in Brück gehörigen Ländereien und deren jährliche Einkünfte. Die erste Seite der Immobilienliste hat folgenden Text, der für jedes Grundstück seine Größe und Lage angibt:

 

Verzeichnis deren Lenderein dem Hospitaell zu Brück zustendig mit erinnerung der Namen, Parten und Landerey.

Iten drei fiertell gelegen langs Greven Johan zur einen, und Stein[...] zur ander Seiten im Kleinen Veltchen.

Item zwei Morgen an dem Rapelbusch zur einen Seite langs des Kirchen Lehens, so Werner am Bergh gegolden, und neben Dams am Bergh zur anderen.

Item dritten halben morgen zur Roderfelt langs dat Ho[rtz?]enberger Landt, [...] langs Adolff Kreling zur einen und Frantzen Landt zur anderen.

Item noch einen morgen am Dürrenbroichs, Nu [= nun] langs Peters von Brück zur einen, und Risshoffs Lands zur ander Seiten.

 

Es folgen noch dreizehn weitere Grundstücke. Insgesamt umfasst das Immobilienvermögen der Armenstiftung neben dem „Hospital“ Ländereien im Umfang von rund fünf Hektar, nämlich knapp 16 Morgen Acker­land, drei Morgen Heide, ferner etwas Busch und etwas Wiesenland.

 

Das Verzeichnis der jährlichen Einkünfte überschreibt Pfarrer Langenberg um 1630 mit den Worten „Verzeichniß deren Renten und Jahrlichen einkombtten dessen Hospitals zu Brück“. Es beginnt mit einer jährlichen Zinszahlung des Hauses Herl in der beachtlichen Höhe von vier Goldgulden.   Es folgen dann zahlreiche weitere Eintragungen von Geldstiftungen zugunsten des Brücker „Hospitals“.  

 

Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts berichteten ältere Einwohner Brücks von einem „Antoniusschwein“: In jedem Jahr wurde in Brück ein Schwein, das von allen Einwohnern gefüttert wurde, geschlachtet und an die Armen verteilt. Ob ein Zusammenhang mit dem „Hospital“ besteht, ist nicht bekannt.

 

 

 

 

Quellen

- Pfarrarchiv Merheim, Nr. 766 (Lagerbuch des Pfarrers Langenberg um 1630).

- Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Jülich-Berg II, Nr. 277 (Kirchenvisitation 1550)

- H. Nolte: Vorgeschichte der Pfarre St. Hubertus in Köln-Brück. In: 100 Jahre St. Hubertus in Köln-Brück. Festschrift zum Jubiläum 1989 (Hrsg. Kath. Kirchengemeinde Köln-Brück). Köln-Brück 1989.

- G. Corbach: Geschichte von Waldbröl. Köln 1973. (mit Auszügen aus den Rechnungen der Armenstiftung zu Waldbröl im 17. und 18. Jh.)

 

 

 

 

 

Quelle: Pfarrarchiv Merheim, Nr. 766 (Handschrift, offenbar angelegt von Pfarrer Johann Langenberg, um 1620/30)

 

 

 

Seite 25

 

Verzeichniß deren Renten und Jahrlichen einkombtten dessen Hospitals zu Brück

 

 

Item der Hoff zu Herle gibt jarlich auf Martini von einer wiesen ....

...........................................................................................................  4 Goldgulden

 

Item das Alten Zolners guitt zu Fuerfels gibt .......................

 

 

Seite 26 (Foto 22/21)

 

Item Tilman us den Steinen und Cili eheleute haben gegeben Erblich und ... lich ir anpart als nemblich den halben Theill von Haus, Hoff, Landt Garten zu Brück neben Vasels guet gelegen, davon Tilmsan Sohn Jan den halben Theill hat thut denen armen antheill jarlich Neun gulden.

------------------------------------------------------------------------  viiii gulden

Ist dis verf... also das Tilman diesen jetzigen Posten und das Hospitall negstfolgende posten haben soll.

 

Ist das vurst. Erb getheilt und hadt Tilman vurst. den ... geben, und haben die Nachparn wegen der Armen gekommen den Landt welcher dem Schmidt zu Brück verpacht. jarlich vor fünff dellen

-----------------------------------------------------------------------  v dellen

 

Item Tilman und Cili eheleuth vurst. haben gegeben an gereit gelt hundert gemeine Thaler welche auf Zinsen ausgesetzt, und Wilhelm Telen zu Brück und .... eheleudt haben dieselbe empfangen und zu einem gewissen underpfand gesetzt ... geben jarlich auf Martini zur Zinsen sechs Thaler

---------------------------------------------------------------------  vi thaler

 

Seite 27 /Foto 2)

 

Item haben die vurst. Eheleut noch gegeben ein Haus und Hoff zu Mehrem gnant das Eichgut sampt diese nachfolgende lendereien hinder des Eichen guts gardten noch drei virdl beneben des Fronhalfens Zerres(?) ..orren, bei dessen Pastors graben, ein firtel bei dem Herner ort, neben des Herner Hofs Landt, noch anderthalb firtel beneben Herner Landt ... der Leinhecken, ein firtell an Herckens Emp...     (usw. zahlreiche Grundstücke teilweise in Brück)

 

 

Seite 28 (Foto 20/19)

 

gepurt, ... denen bemelter Eheleuten außgetheilt, na absterben denenselben, solle es an denen Provisoren wie an dere Renten denen Armen ausgetheilt werden,

 

Nota dst ... vurschr. Erb mit Bewilligung der Obrigkeit vor vier hundert thaler verkaufft F [hochgestellt mit andcerer Tinte] und die Pfennig zu nutz der Armen angekiert, wie in die lengde hiernachen zu sehen.

[Randvermerk zu F hinter „verkaufft“:] Gysen uf den Steinen und Cilien fundatrici uti fol: 2 zu ersehen hoc signo Anno dieselb angelegt.

 

Item der Edle undt Ehrenveste Wilhelm von Lülstorff zum Hain, hadt bein mahll besatzt und legiert, den Armen einhundert thaler jeden ad 52 albus Colnisch, von welchen E...  empfangen den dritten theill von hundert thaler, Theil drei und dreißig thaler Siebenzehen albus vier Heller. Hadt zum underpfandt gesetzt einen morgen Artlants gelegen zur Schweineimer Velde gnant der Schle... gibt zur Provision Zweien Thaler

------------------------------------------------------------------ iiii gld.  viii alb

 

Item Johan Werheit u8nd Stiek eheleudt zu Vurfels haben obberg. Pfennig empfangen fünffzif thaler haben dfür ein underpfandt in ... der Olichsmühlen undt sonst was sie zum Torn liegirt. nach inhalt durch schuldung zeddelen, gibt Pension drei thaler

--------------------------------------------------------------------  iii haler

 

Seite 29 (Foto 3)

Item Barbarn Sohn zu Radt, Jorgen und Irmgen seine eheliche hausfraw, haben von virbemelten Pfennigen empfangen fünf und zwanzig thaler, haben darfür ihr guth zu Radt an der Haidt gelegen, geben. Jahrlich anderthalb thaler

-------------------------------------------------------------------------   ij thaler

 

Item Johan Schomecher zu Brück undt Elsgen eheleudt haben empfangen von den Armen fünfundzwanzig thaler, gibt darvon zur Pension anderthalb thaler

Ist abgelöst und hat Go...en Johan Hospitals Meister an sich genohmen  

 

Item Land zum Tornen Hoff besatzt den armen sechs und zwantzig thaler, jeden ad 52 albus Colnisch, undt haben dieselbig Johan weilandt Emckes Sohn in der Schnellweiden, und Elsgen seine ehelige hausfrawempfangen und geben darvon jarlich zu Pension anderthalb thaler drei albus uf tag Martini und haben darfür underpfand drei firtel artlants in

(Foto endet)

 

Seite 30 (Foto 18)

Item Sibert Kern zu Wicheim und   (Lücke)  haben empfangen fünffzich thaller herkommende von den Pinß Erven und geben jarlichs uf (Lücke) darvon drei thaller und haben darfür alle ir Erb und guet.

 

Item Adolff Schmitz zu Brück und Aelgen eheleuth haben haben von dem hospitall empfangen fünffzig thaler, jeder ad 52 albus colnisch,, und haben darfür verschrieben alle ire haab und gueterund anglob verner  ... zu thun, thut njarlich an Pension drei thaler

--------------------------------------------------------------------   iii daller

 

 

Seite 31 (Foto 4)

Item Laurents zu Schweine... und Jacob Lackei von obg. vierhundert Thalern empfangen in einer alleinigen Somme und an guter harder grober Müntzen drittehalb hundert thaler .... zu wechafft zwei schriftlich schien eingeliefert

--------------------------------------------------------------------------------    xv  daler

Weill zwischen beiden angezogenen streit entsatnden, haben Peter Halffen zu Idelsfeldt und Henrich Hierges Mäg...  allen scheden sich verobligiert.

 

Item Peter Klein Porz zu Merhem von jetzgen. hauptsomme empfangen einhundert thaler

--------------------------------------------------------------   vi  thaler

Wie ... in aufgerichter verschreibung in die lengde zu ersehen.

 

Item Tilman ... zu Brück empfangen aus vorg. kauffschuldt fünffzig thaler, thut jarlichs drei thaler

------------------------------------------------------------------  iii thaler

 

 

Seite 32 (Foto 16/17)

Item Johan Greven empfangen wegen des Sch...hers zu Brück fünff und zwanzig thalerf darzu noch von wegen Torothien zu Brück zwantzig thaler undt sonsten so vill von allem andern, dabei gemacht ndes es sich zusamen belauffen thut fünff und siebentzig thaler Colnisch so er empfangen.

 

Item Drutgen Bersch von Brück hat vermog ufgerichtem Testaments ein Baumgarten im Dorff zu Stamheim gelegen, dann auch einen morgen und drei firtel Lants im Stambheimer Wald, wie sie und Ir Hauswirth Thomas Bersch seligh an sich gekaufft, und davon zu angehor(?) als das halb theill des Baumgartens und Landts ... Haußarmen des Kirspels Merhem legiert, ... und zugeeignet, jedoch die Haußarmen zu Brück zu der obkompden vorgang haben sollen.

 

Seite 33 (Foto 5)

Alß haben die Provisoren undt Hospitall Meister zu Brück alsolchen halben theill Baumgarten und Landts verkaufft vor sechzich thaler Colnisch.

 

Item noch obgedachte drutg.(?) aus zwei Erbgütern zu Brück so es iren Erbfolgern am besten gelegen und die und die anderen genugsam versichert sein konnen, Einen nerblich malder Korns heimischer maßen und alle und jeder jars bis zu den Fingst tagen legiert, welches die Provisoren des Hospitals zu Brück empfangen und den Hausarmen des Kirspels Merhem sonderlich aber zum Dorff zu Brück sesshafft austeilen und auf..., alles vermog aufgerichten Testaments

------------------------------------------------------------------   i malter roggen